Wer als Erbe über den Nachlass verfügen können will, muss seine Erbenstellung nachweisen. Banken, Versicherungen und andere Vertragspartner oder Schuldner müssen dies überprüfen, um sicherzustellen, dass sie nicht doppelt in Anspruch genommen werden. Auch beim Grundbuchamt muss zur Umschreibung eines Grundstücks ein Nachweis vorgelegt werden. Hierzu dient der Erbschein, dessen Erteilung aber mit Kosten verbunden ist.
In folgenden Fällen kann der Erbschein entbehrlich sein:
Ein Erbschein darf insbesondere von Banken, Versicherungen nur gefordert werden, wenn die Erbfolge nicht auch mit einfacheren Mitteln nachgewiesen werden kann. Seit dies höchstrichterlich geklärt ist (BGH, Urteil vom 08.10.2013, A. XI ZR 401/12), müssen Banken als Nachweis auch die Vorlage eines notariellen oder beglaubigten Testamentes oder das Protokoll über die Eröffnung eines Testamentes durch das Nachlassgericht akzeptieren. Voraussetzung ist immer, dass die Erbfolge nicht streitig ist und sich aus der vorgelegten Urkunde zweifelsfrei ergibt. Zudem verlangen die Banken dann die Abgabe einer sogenannte Haftungserklärung, um Schadensersatzansprüche für den Fall auszuschließen, dass sich im Nachhinein eine andere Erbberechtigung ergibt.
Wenn vom Erblasser zu Lebzeiten eine Vollmacht erteilt und dazu bestimmt wurde, dass diese auch über den Tod hinaus wirksam bleiben soll, kann der Bevollmächtigte auch hiermit ohne einen Erbschein weiter Verfügungen treffen. Auf diese Weise kann auch eine Auseinandersetzung des Nachlasses erfolgen.
Eine solche Vollmacht über den Tod hinaus kann auch ausreichend sein, um im Erbfall Grundstücke zu übertragen, die sich im Nachlass befinden. Grundsätzlich wäre auch hierfür ein Erbschein erforderlich. Dem Grundbuchamt muss die Erbfolge beziehungsweise die Berechtigung zur Eigentumsübertragung mit einer öffentlichen Urkunde nachgewiesen werden. Die Vollmacht müsste daher in diesem Fall ebenfalls als öffentliche Urkunde erteilt worden sein, entweder als notarielle Vollmacht oder aber durch eine Beglaubigung der Vollmacht durch die Betreuungsbehörde. Wichtig ist hier, dass der Antrag auf Umschreibung des Grundbuchs ausdrücklich als Bevollmächtigter gestellt wird und nicht aus der Erbenstellung heraus.
Miterben, die ihre Rechte sichern und verhindern wollen, dass ein Bevollmächtigter nach dem Tode des Erblassers noch von der Vollmacht Gebrauch macht, können diese widerrufen. Hierfür muss aber wiederum die Berechtigung nachgewiesen werden, durch einen Erbschein oder ein entsprechendes Testament.
Wenn die Erbfolge streitig ist, ist das Erbscheinsverfahren geeignet, die Rechtslage zu klären. Daneben kommen auch andere Klageformen in Betracht, etwa eine Klage auf Feststellung der Erbfolge oder eine Erbauseinandersetzungsklage. Welches Verfahren am Besten geeignet ist, muss in jedem Einzelfall überprüft werden.